Die bauliche Entwicklung des Flugfelds stellt zweifellos eines der wichtigsten städtebaulichen Projekte Neumarkts dar. Aber auch über die Stadtgrenzen hinweg stellt die Chance, ein derart großes und stadtnahes Areal mit vielfältigen Potenzialen planmäßig entwickeln zu können, sicher eine außergewöhnliche Situation dar. Um Schritt für Schritt Ideen zur künftigen Nutzung und Gestaltung zu entwickeln, wird derzeit ein Städtebaulicher Entwurf erstellt. Dieser soll als Rahmenplan die gestalterische Grundlage für zu entwickelnde Bebauungspläne darstellen.
Zur Bewältigung dieser umfangreichen Aufgabe arbeitet die Stadtverwaltung mit etablierten Fachbüros zusammen. Bei der Vergabe der Planungsleistung im Zuge eines entsprechenden Verfahrens ging eine Arbeitsgemeinschaft der Büros Vogelsang aus Nürnberg und Gehl aus Kopenhagen als geeignetster Partner hervor. Das Planungsteam profitiert bei der Konzepterarbeitung in besonderem Maße von der 50-jährigen Erfahrung des Büros Gehl in den Bereichen Masterplanung und urbaner Strategieberatung. Gehl konnte durch seine Erfahrungen über das menschliche Verhalten und den Einfluss der physischen Umwelt auf unsere Lebensqualität effektive Planungsmethoden entwickeln. Dieser „Gehl-Prozess“ hat aufgrund der vielen positiven Resultate in vielen Städten weltweite Bekanntheit erlangt.
Im Zentrum der Entwurfsentwicklung steht das Vorgehen nach dem Schema „Leben-Raum-Gebäude“ („People-first“-Planungsansatz).
Leben
Mit dem Leben anfangen,
Eine Vision und ein Programm für Aktivitäten im städtischen Leben, basierend auf der Art des Lebens, das wir in einem bestimmten Gebiet schaffen möchten.
Raum
...dann folgt der Freiraum,
Ein städtisches Taumnetz, das die Vision des Lebens in Bezug auf Qualität, Größe, Form und Mikroklima des einzelnen Raums unterstützt.
Gebäude
...und am Schluss die Gebäude!
Ein Plan für die Entwicklung, der die Visionen für Leben und Stadtraum in Bezug auf Höhe, Masse, Größe, Funktionen und Interaktion unterstützt.
Vor der Entwicklung der Konzepte stehen Vision und Zielsetzungen für das Flugfeld. In allen Konzepten sollen die übergeordneten Strategien „Öffentliches Leben fördern“, „Diverse Freiraumqualitäten“, „Städtebau mit menschlichem Maß“ und „Nachhaltige Mobilität fördern“ Berücksichtigung finden.
Die Konzepte beinhalten Strategien für das urbane Leben mit seinen vielfältigen Aktivitäten in den städtischen und landschaftlichen Freiräumen. Der Freiraum soll als Bühne für diese Aktivitäten, für soziale Interaktion, Bewegung über das Gelände und als Verbindung zur Umgebung dienen. Die Gebäude sollen einen angemessenen Rahmen bieten, um die Freiräume zu unterstützen und einen lebendigen Stadtteil menschlichem Maßstab, zum Lernen, Arbeiten und Leben bilden. Auch ein angenehmes Mikroklima gehört hier dazu. Wir gehen davon aus, dass Zufriedenheit mit dem eigenen Wohnort hilft, Menschen zu einem nachhaltigeren Lebensstil zu inspirieren. Das bedeutet zum Beispiel, dass es auf Dauer angenehmer und bequemer sein muss, das Auto stehen zu lassen oder auch dass sich ein stabiles Nachbarschaftsgefüge besser anfühlt als zunehmende Isolation. Eine wesentliche Rolle spielen deshalb auch neue Mobilitätsansätze und ein differenziertes Angebot an verschiedenen Wohnformen.
Bei der Erarbeitung der einzelnen Konzepte ging es daher nicht nur um die bloße Erfüllung der technischen Anforderungen, sondern auch um einen am Menschen orientierter Planungsansatz, der die Lebensqualität, die täglichen Bedürfnisse der Menschen von heute und die aktuellen gesellschaftlichen Trends in den Mittelpunkt stellt und hilft, zukunftsfähige Quartiere zu planen. Denn Lebenswerte Nachbarschaften benötigen mehr als nur Gebäude: Es müssen Orte geschaffen werden, an dem junge Menschen sich entfalten können, wo es lebhafte öffentlichen Plätze und attraktive Grünflächen sowie ruhige Straßenzüge gibt. Eine hohe Lebensqualität entsteht dort, wo man sowohl lebt als auch arbeitet. Eine starke Identifikation mit dem Heimatort stärkt das soziale nachbarschaftliche Netzwerk, was wiederum zu einem sich natürlich entwickelnden Stadtteil führt.
Die Erarbeitung des Städtebaulichen Entwurfs für das Flugfeld findet in mehreren Schritten statt. Nach einer umfassenden Grundlagenermittlung erfolgte die mittlerweile abgeschlossene Vorentwurfserstellung. Im Zuge des Vorentwurfsprozesses wurden fünf Konzepte ausgearbeitet. Diese untersuchen verschiedene Möglichkeiten zur Gestaltung dieses neuen Stadtteils auf dem rund 60 ha großen Areal. Auch wenn fünf unterschiedliche räumliche Konzepte entwickelt wurden, sollten stets gemeinsame räumliche Strategien verfolgt werden. Früh im Planungsprozess wurden zehn relevante Schwerpunktthemen aus den Bereichen „Raum“, „Mobilität“ und „Bebauung“ identifiziert:
Bereits zu Beginn der Vorentwurfsphase wurden fünf erste Konzepte vorgestellt und danach unter anderem im Rahmen der ersten Bürgerbeteiligung diskutiert. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger brachten sich mit Ideen, Vorstellungen, Wünschen und Anregungen in den Entwurfsprozess ein. Die fünf verschiedenen Vorentwürfe dienen der Gegenüberstellung verschiedener Lösungsansätze unter Berücksichtigung aller relevanten Schwerpunktthemen. Letztlich mussten über eine entsprechende Konzeptauswertung die Vor- und Nachteile der einzelnen Vorentwürfe dargestellt werden, um eine Richtung für die anstehende Entwurfsplanung festlegen zu können.
Am 28.10.2021 wurde der Vorentwurf „Nachbarschaften, Parks und klare Kanten“ vom Stadtrat beschlossen. In diesem Vorentwurf finden sich Ideen aus allen vorherigen Konzepten, der Vorentwurf orientiert sich aber stark am Konzept „Hybrid“, das bereits im Zuge der Bürgerbeteiligung viel Zuspruch erhalten hatte. Ziel ist nun, einen möglichst ausgewogenen Entwurf, der auf die vielfältigen Anforderungen angemessen reagiert, zu entwickeln. Weitere Beteiligungsschritte im Zuge der Entwurfsplanung sind vorgesehen.
Vorentwurf Nachbarschaften, Parks und klare Kanten:
Ansatz Das Verdichtungsprinzip folgt dem Kontext mit urbanen Blöcken an der Nürnberger Straße sowie dörflichen und ländlichen Siedlungsstrukturen im Süden. Es handelt sich um eine lockere Setzung mit weichen, aber klaren Kanten, die den Landschaftsraum rahmen. Entwurfsschwerpunkte sind das Angerdorf und ein zentraler Park als Destinationen und identitätsstiftende Elemente.
Erschließung Durchgangsverkehr wird auf dem Flugfeld vermieden, indem Großteile des neuen Stadtteils von Norden und Süden aus erschlossen werden. Von diesen Erschließungsringen führen kleinere Straßen in die Quartiere. Die südlichen Siedlungsgebiete sind durch Anliegerstraßen erschlossen. Die östliche Spitze wird durch einen Erschließungsring an die Woffenbacher Straße angebunden.
Städtebau Die Besonderheit des Konzepts liegt in der Balance zwischen den Extremen. Dies gilt zum Beispiel für die ausgeglichene Gegenüberstellung von Bereichen mit hoher, urbaner Dichte und Bereichen mit mittlerer und niedrigerer Dichte. Auch das Verhältnis von bebauten und unbebauten Flächen ist mit Bedacht gewählt. Die für Neumarkt so wichtige Kaltluftschneise ist hier berücksichtigt, obwohl das Quartier durch seine Dichte eine starke Urbanität aufweisen wird. Diese ist jedoch notwendig, um es in Neumarkt zu verankern. Öffentliche Einrichtungen ziehen Bürger in das Gebiet und bilden einen städtebaulichen Schwerpunkt im Osten. Weiterhin sind die Raumkanten, die das Gebiet definieren, behutsam an den Bestand angepasst. So sind die nach Süden ausgerichteten Fassaden als harte Raumkanten mit urbanen Qualitäten ausgebildet. Im Süden hingegen geht die Landschaft in die Siedlungsstrukturen über. Das urbane Grün in Form öffentlicher Parkanlagen geht hier über in eine grüne Urbanität in Form einer lockeren, durchgrünten Bebauung.